Dienstag, 5. August 2008

Ein rätselhafter Tisch für Jesus

Sure 5: Der Tisch

Auf der Suche nach der Bedeutung des Tisches, der dieser Sure ihren Namen gibt, bin ich erstmals tiefer in den Wald der im Internet verfügbaren Koranerläuterungen eingedrungen. Ich habe am rechten Bildrand einen Kasten eröffnet, in dem einige meiner Entdeckungen festgehalten sind.

Der Kommentar von Searchtruth (englisch) stellt den Tisch mit Essen, den die Jünger Jesu sich "aus dem Himmel herab" wünschen (114) in den Zusammenhang der Mahnung an die Christen, Jesus nicht als den Sohn Gottes zu verehren und ebenso Maria nicht als Mutter Gottes. Die Jünger haben Gott, den Geber des Tisches, sozusagen hoch oben gesehen und Jesus, den Empfänger, tief unten - wie können sie danach noch Jesus neben Gott stellen?

Was allerdings dieser Tisch bedeutet, wird in diesem Kommentar nicht erklärt. An einer anderen Stelle fand ich den Hinweis, es könne der Abendmahlstisch gemeint sein. Aus dem Korantext ergibt es sich nicht.

Auch diese Sure steht geschichtlich in der Auseinandersetzung mit Juden und Christen, die teilweise unterworfen und tributpflichtig, teilweise zu Rechtgläubigen gemacht werden sollen. Die ausführlichen Erklärungen von Searchtruth, was die historische Situation betrifft, in welche die Suren hineingesprochen werden, verstärkt bei mir den Eindruck, daß auch der Koran auf eine für mich sympathische Weise nicht überall in Stein gehauenes Gotteswort ist, sondern von seiner jeweiligen Offenbarungsgeschichte her verstanden werde will. Was im Kampf um Mekka gesagt wird, muß im Zusammenhang der Kampfereignisse gehört werden, was nach der Eroberung Mekkas aufgeschrieben wird, bedeutet anderes und mag dann auch anders klingen.

Natürlich bleibt das alles "Gottes Wort" für den frommen Moslem. Aber es will dahingehend bedacht sein, an wen es bei seinem ersten Offenbarwerden gesprochen wurde. Diese Betrachtung schließt also ein gewisses Verständnis von Inkarnation, von Vermischung göttlicher Rede mit irdischen, zum Empfangen und Begreifen notwendigen Elementen nicht aus.

Auf der Suche nach Kommentaren habe ich an einigen Stellen die Frömmigkeit der Schreiber so altmodisch und so von keinen modernen Zwiefeln angekränkelt gefunden wie bei meinen eigenen frommen Vorfahren im evangelisch-pietistischen Bereich.

Einer schreibt so: Liebe Geschwister, wir wissen alle aus eigener Erfahrung, daß im Leben eines jeden Menschen unterschiedliche Ereignisse stattfinden. Manche Ereignisse erfreuen uns und machen uns glücklich, andere Ereignisse bringen uns in Schwierigkeiten und verursachen große Traurigkeit. Und fährt dann fort, wie kann der Gläubige trotzdem ein zufriedenes und glückliches Leben führen? In dem er sich an dem freut, was Dauer hat, an Gott.

Das könnte so auch im Kalenderblatt von württembergischen Gemeinschaftschristen stehen. Für mich bildet es eine wichtige Brücke zum Verstehen.

Sehr gelungen finde ich den aktuellen Koran-Blog der linksliberalen englischen Zeitung Guardian, begonnen im Februar 2008, mit wöchentlich neuen Einträgen und Möglichkeit zu eigenen Fragen und Kommentaren . Hier erklärt der in Pakistan geborene Schriftsteller Ziauddin Sardar (Bild links) abschnittsweise Stellen aus dem Koran. Laut Wikipedia ist Sardar so etwas wie ein "Rudolf Bultmann des Koran".

Ein 31jähriger Mathematiker aus Berlin hat in den letzten Monaten den Koran in - wie er verspricht - "schönes Deutsch" übersetzt. Er ist wie er sagt ein "Kulturmuslim" und hat sich selbst einen schönen arabischen Vornamen gegeben: Jamaluddin.


Es steckt "din" in dem Namen, das arabische Wort für Religion. Das steckt auch in Zinedin Zidane, ebenso wie in dem gerade erwähnten Ziauddin Sardar. Jamaluddin Heiligenlay heißt der Mathematiker und Übersetzer mit den blonden Haaren und dem sympathischen Gesicht (Bild rechts). Thomas Mann hätte sich den Namen notiert und später in eine gute Geschichte eingebaut.

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