Sure 26: Die Dichter
Bevor ich dazu komme, die Poesie dieser Sure zu loben, möchte ich den Eindruck wiedergeben, der mich überkam, als auch in dieser Sure gleich wieder die alten, bekannten Propheten vor ihren bekannt ungläubigen Zuhörern auftraten. Das alles war mir so vertraut, daß ich meinte, es langsam schon singen zu können, wie man im Volksmund sagt.
Das bedeute natürlich zunächst eine innere Ablehnung, aber dann war es mir, als ob die Sure sagen wollte: genau das will ich bei meinen Zuhörern erreichen, daß sie die Geschichten von Mose und Abraham, Noah und Ad, Salih und Lot und ihren bereits mehrfach im Koran genannten Prophetenkollegen wie in einem rituellen Gesang zu wiederholen lernen.
Die Sure verfällt deshalb wohl auch von Anfang an in einer Art Litanei, die durch auffallend kurze und in vielerlei Hinsicht gleichförmige Verse auch im Deutschen rhythmisch strukturiert wird. Siebenmal beginnt die Geschichte des jeweiligen Propheten mit Und siehe dein Herr – wahrlich er ist der Barmherzige, danach wird immer eine ähnliche Geschichte erzählt, oft mit gleichen Motiven (der Prophet verlangt keinen Lohn, er wird von seinem Volk als Lügner dargestellt), sie endet immer mit Siehe hierin ist wahrlich ein Zeichen, und dennoch glaubten die meisten nicht.
Dies alles macht den Eindruck eines Liedes, eines Gesangs, der durch ständige Wiederholung seinen Leitgedanken vertiefen will. Am Ende soll man wohl fast automatisch mitsingen Siehe hierin ist wahrlich ein Zeichen…
Ich schwanke weiterhin in der Antwort auf die Frage, warum im Koran bislang erheblich mehr vom Unglauben als vom Glauben die Rede ist. Der Trost für den Propheten steht in dieser Sure noch einmal als Hauptgrund vorneweg: Vielleicht härmst du deine Seele zu Tode, daß sie nicht gläubig werden (Vers 2). Aber die Wirkung des Gesangs zielt nach meinem Eindruck eher auf die späteren Hörer und sagt ihnen: werdet nur nicht so verstockt wie der Pharao!
Die Dichter, nach denen die Sure benannt ist, kommen am Ende schlecht weg. Und die Dichter, es folgen ihnen die Irrenden. (Vers 234). Der Koran dagegen wird erneut nicht als Dichtung, sondern als Prosa dargestellt, obwohl er gerade in dieser Sure besonders dichterisch durchgestaltet erscheint.
Er kam, wie er von sich selbst sagt, klar und deutlich herab in offenkundiger arabischer Zunge (Vers 195). Es wird ergänzt und wahrlich, verkündet ist er in den Schriften der Früheren (Vers 196), was ich so verstehe, daß auch die prophetischen Worte der Bibel als eine Art von Koran, was ja "Lesung" oder "Vortrag" bedeutet, verstanden werden können.
Freitag, 19. September 2008
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1 Kommentar:
Lieber Herr Runkel,
'Die Dichter, nach denen die Sure benannt ist, kommen am Ende schlecht weg. Und die Dichter, es folgen ihnen die Irrenden. (Vers 234). Der Koran dagegen wird erneut nicht als Dichtung, sondern als Prosa dargestellt, obwohl er gerade in dieser Sure besonders dichterisch durchgestaltet erscheint.'
Die Dichter von denen hier die Rede ist, sind die Jenigen die von Ihren Zeitgenossen eine übertriebene, außerordentliche Achtung bekamen und einen Status hatten wie etwa Fürsten. Sie dichteten mit ketzerischen, ungläubigen Inhalten, die der Koran mit dichterisch besserer Art zu übertrumpfen versucht. Sie wissen ja daß es eine sehr starke islamische Lyrik und Poesie gibt wie etwa bei Yunus Emre oder Mevlana.
Mit freundlichen Grüßen,
Nureddin Öztas
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