Freitag, 10. Oktober 2008

Kismet

Sure 75: Die Auferstehung
Sure 76: Der Mensch
Sure 77: Die Entsandten
Sure 78: Die Kunde
Sure 79: Die Entreißenden


Wer da will, der nimmt zu seinem Herrn einen Weg.
Doch könnt ihr ihn nicht wollen, es sei denn, daß Gott will.
(Sure 76, Verse 29 und 30)

In diesen beiden Versen begegnet dem Leser ein Anklang an das, was ein schicksalhafter, gottergebener, ja vielleicht sogar „fatalistischer“ Zug im Glauben der Moslems sein könnte – Kismet eben.

Bevor man sich sein ererbtes christliches Wissen über angeblich irrationale moslemische Charakterzüge an dieser Stelle vorschnell bestätigen läßt, sollte man daran denken, daß die obigen Koranworte – 34 Seiten vor Ende des fast 600 Seiten starken Buchs – nur wenige Parallelstellen im Koran haben, im Gegensatz zu vielen anderen Versen. Mir ist zumindest keine Stelle in Erinnerung, in der ich vorher etwas Einprägsames darüber gelesen habe, was geschieht, wenn der Wille eines Menschen mit dem Willen Gottes konkurriert.

Ich vermute deshalb nicht, daß wir hier vor einer sehr zentralen Aussage des Korans stehen. Gewiß, Gott ist allmächtig und kann auch unseren Willen bezwingen, aber die endlosen Ermahnungen an den Menschen, seine Macht doch nun endlich anzuerkennen, gehen alle ganz augenscheinlich davon aus, daß es eine Anerkennung unter Zwang nicht gibt. Der Mensch ist gerade gegenüber Gott in höchstem Maße frei und deshalb auch in höchstem Maße verantwortlich. Die Dschehenna wartet regelmäßig am Ende der Kette von menschlichen Fehlentscheidungen, und schlimm ist die Fahrt dorthin.

Entsprechend interpretiert auch mein kluger Kommentator in Searchtruth den Vers 30 so, daß Gott in die Entscheidungen des Menschen nur sozusagen eingrenzend eingreift. Der Mörder wird einen Mord begehen, vielleicht auch mehrere, aber Gott begrenzt seine Macht so, daß er am Ende nicht alle Menschen ums Leben bringt. Der Dieb kann stehlen, aber unter Gottes Oberaufsicht kann er sein übles Wirken nicht auf die ganze Welt ausdehnen.

Gott kann den Willen des Menschen begrenzen, kann wollen, daß der Mensch nicht will. Aber das stellt den Menschen nicht auf ein Schachbrett, auf dem nur Gott allein die Figuren bewegt. Für die meisten Spielzüge trägt der Mensch die ausschließliche Verantwortung.

Kismet ist deshalb vermutlich eher ein arabisches Wort, an dem sich volkstümliche Ängste und Hoffnungen festmachen lassen - so wie Schicksal ein ähnliches, vielleicht sogar typisches deutsches Wort ist.

Meine englische Koran-Konkordanz zeigt für fate nur insgesamt vier Einträge, alle vier meinen ein bestimmtes historisches Geschick, das einem Volk konkret widerfahren ist (wie etwa dem Volk Noahs in Sure 11, Vers 89). Die Transkription von IslamiCity legt nahe, daß hier im Arabischen auch nicht Kismet steht sondern ein anderes Wort. Entsprechend erscheint auch in der Transliteration der bereits erwähnten Konkordanz Kismet kein einziges mal.

Auch in der Lutherbibel findet sich das Wort Schicksal nicht. Nach meinem Eindruck ist der „Fatalismus“, der den Moslems (aber sicherlich auch manchen Christen) angedichtet wird, eher eine Erfindung von religionsfremden Menschen, denen es undenkbar erscheint, daß man unter Gottes Himmel frei leben kann.

Man kann es aber, und man sollte – das legt der Koran von der ersten bis zur letzten Seite nahe – dabei in gleichem Maße verantwortlich leben, wie man die Freiheit des eigenen Willens gegen Eingriffe von außen schützt.

2 Kommentare:

Peter Oberschelp hat gesagt…

Wer da will, der nimmt zu seinem Herrn einen Weg.
Doch könnt ihr ihn nicht wollen, es sei denn, daß Gott will.

...daß Gott in die Entscheidungen des Menschen nur sozusagen eingrenzend eingreift.

Genau so und ohne viel nachzudenken habe ich das auch sofort in einer systemtheoretisch geprägten Sicht verstanden. Das Wollen des Menschen kann sich immer nur in einem wie und von wem auch immer vorgegebenen Möglichkeitsfeld manifestieren. In theologischer Sicht ist dieses Feld von Gott vorgegeben und begrenzt. Gottes eigener Wille wirkt natürlich auch außerhalb der Grenzen, die unser Blick, geschweige denn unser Wollen nicht überschreiten kann. Sollte Gott sich völlig verbergen, führt auch kein Weg zu ihm. Es macht überhaupt keinen Sinn, unsere gottergebene, ja vielleicht sogar „fatalistische“ Situation zu perhorreszieren.

Nureddin Öztas hat gesagt…

Lieber Herr Runkel,
Fatalismus liegt dem Islam fern. Wunderbar liessen sich Ihre Analysen über "Kismet" lesen für mich. Sie liegen richtig mit Ihrer Analyse, daß im Islam, Gott dem Menschen einen freien Willen gegeben hat, einen begrenzten um richtig zu sagen. Alles andere würde sonst das diesseitige Leben sinnlos werden lassen und ein Widerspruch in sich sein. "Kader" hat zwei Bedeutungen: 1.Die Vorherbestimmung ist fest gegeben in Dingen wie unser Geburtsort, unser Aussehen, unsere Eltern etc. In diesen Dingen haben wir keinen freien Willen. Gott hat als der Eine, einen absoluten-freien Willen im Gegensatz zu den Menschen und Dschinn und lässt sie begrenzt gewähren. Dahinter ist die göttliche Genialität, daß nur der zur Rechenschaft gezogen werden darf, der auch vor der Prüfung stand und zwischen dem Schlechten und Guten gewählt hat.
2. Das andere ist "Kader" das "Wissen" Gottes was passiert ist und was in der Zukunft passieren wird.
Eine andere Frage könnte hier aufkommen: Warum lässt Gott zu, daß auch schlechte Dinge passieren?Antwort: Weil der Prüfungszweck der Menschen im Diesseits vordergründig ist. Wie könnte man sonst gute Menschen von den schlechten trennen? Gott ist Gerechtigkeit. Der große islamische Gelehrter, Philosoph und Denker,Said Nursi sagte: Das Paradies ist nicht billig, die Hölle ist nicht umsonst. Hier folgt wieder einmal eine schöne Erklärung des Fethullah Gülen zu diesem Thema:

Die Vorherbestimmung Gottes und freier Wille des Menschen ergänzen einander

Schon immer fiel es der Menschheit schwer, den Willen Gottes vom freien Willen des Menschen zu unterscheiden und beide miteinander in Einklang zu bringen. Einige gingen sogar so weit, dass sie dem Menschen jeden freien Willen, zu handeln und über das eigene Leben zu verfügen, absprachen. Andere wiederum haben dem Menschen selbst die Erschaffung seiner Taten zugeschrieben und die Rolle der Vorherbestimmung für sein Leben vollständig ignoriert. Der Islam hingegen beschreitet den Mittelweg. Auch zu jedem anderen Thema, das mit der Vorherbestimmung und dem freien Willen des Menschen zu tun hat, folgt der Islam diesem Weg. Die Vorherbestimmung Gottes beherrscht also das gesamte Sein einschließlich der Sphäre des Menschen. Trotzdem besitzt der Mensch einen freien Willen, mit dessen Hilfe er sein Leben führt.

In drei aufeinander folgenden Versen am Ende der Sure At-Taqwir bringt der Koran die wahre Beschaffenheit der Beziehung zwischen Vorherbestimmung und freiem Willen zum Ausdruck:

Dies ist ja nur eine Ermahnung für alle Welten. Für denjenigen unter euch, der aufrichtig sein will. Und ihr werdet nicht wollen, es sei denn, dass Allah will, der Herr der Welten. (81:27-29)

Diese Verse unterstellen dem Allmächtigen einen absoluten Willen, ohne aber dem Menschen eine Willenskraft abzusprechen, mit der er sein Leben lenkt und gestaltet. In einem anderen Vers (37:96) erklärt der Koran, dass Gott es ist, der den Menschen und das, was er hervorbringt, erschaffen hat. Deshalb bezeichnet er Gott als den einzigen Schöpfer. In weiteren Versen wie ...erfüllt euer Versprechen Mir gegenüber, so erfülle Ich Mein Versprechen euch gegenüber (2:40), ...wenn ihr Allahs (Sache) helft, so wird Er euch helfen und euren Füßen festen Halt geben (47:7) und Gewiss, Allah ändert die Lage eines Volkes nicht, ehe sie (die Leute) nicht selbst das ändern, was in ihren Herzen ist (13:11) spricht der Koran von einem Vertrag bzw. einem Versprechen von Gott an den Menschen und erklärt offenkundig, dass der Mensch seine Geschicke selbst lenkt.

Mit Ausnahme der Sphäre der Menschen und der Dschinn, die einen freien Willen besitzen und deshalb für ihre Taten zur Verantwortung gezogen werden können, ist die Vorherbestimmung Gottes die einzige absolute und ausschließliche Kraft. Folgende Erklärungsversuche werden vielleicht dazu beitragen, die Vorherbestimmung Gottes und den freien Willen des Menschen miteinander zu versöhnen:

Die Vorherbestimmung ist ein ‚Titel' des Wissens Gottes. Dieses Wissen Gottes umfasst alles, was sich innerhalb und außerhalb von Raum und Zeit befindet. Wenn wir wissen, dass ein bestimmtes Ereignis zu einer bestimmten Zeit in der Zukunft eintreten wird, und dieses Ereignis tritt dann wirklich zur von uns prognostizierten Zeit ein, dann heißt dies noch lange nicht, dass dieses Ereignis eintrat, weil wir im Voraus wussten, dass es eintreten würde. Da das Wissen Gottes alle Gegenstände und alle Ereignisse im Universum umfasst, hat Er auch festgelegt, dass ein bestimmtes Ereignis zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort eintreten wird; und so wird es dann auch geschehen. Der Grund dafür, dass auch nicht der kleinste Unterschied zwischen dem besteht, was Gott dem Menschen bestimmt hat, und dem, was der Mensch tut, besteht nicht darin, dass die Maßgabe Gottes den Menschen zwänge, entsprechend zu handeln, sondern darin, dass der Mensch so handeln will und letztendlich tatsächlich auch so handelt.
Ein Beispiel: Ein Zug, der auf der Strecke Istanbul-Ankara verkehrt, fährt mit der Geschwindigkeit, die sein Fabrikat und der Zustand der Schienen zulassen. Die Entfernung von Istanbul nach Ankara ist bekannt. Weiterhin weiß man, dass der Zug unterwegs an einer bestimmten Anzahl von Stationen für eine bestimmte Zeit anhalten muss. Da man mit all diesen Variablen planen kann, ist es möglich, einen Fahrplan zu erstellen. Es wäre aber unsinnig zu behaupten, dass das Vorhandensein eines Fahrplans das Fahren der Züge bewirkt.

Ein weiteres Beispiel: Zeitpunkt und Dauer von zukünftigen Ereignissen am Firmament wie Sonnen- und Mondfinsternissen sind uns schon lange im Voraus bekannt, weil sie sich durch astronomische Berechnungen ermitteln lassen. Auch in diesem Fall verdunkeln sich Sonne und Mond jedoch keineswegs deshalb, weil die Astronomen dies so ausgerechnet und aufgezeichnet haben. In Wirklichkeit ist genau das Gegenteil der Fall: Die Astronomen wissen, wann Sonne und Mond sich verdunkeln werden und halten ihre Erkenntnisse deshalb schriftlich fest. Vorherbestimmung und freier Wille stehen in einem ähnlichen Verhältnis zueinander.

Der freie Wille des Menschen ist nichts, was von der Vorherbestimmung ausgeschlossen ist. Vielmehr umfasst die Vorherbestimmung den freien Willen. Auch hier ein Beispiel: Wenn uns jemand fragt, ob die Uhr im Nebenraum funktioniert und wir sie ticken hören, werden wir ihm mit "Ja" antworten. Der Fragesteller braucht nun nicht mehr weiter zu fragen, ob sich denn die Zeiger auch wirklich bewegen. Denn wenn die Uhr funktioniert, drehen sich automatisch auch ihre Zahnräder, und die Zeiger bewegen sich. Analog wirken auch die Vorherbestimmung und der freie Wille des Menschen nicht unabhängig voneinander. In Relation zur Vorherbestimmung ist der freie Wille weder ein trockenes Blatt, das in ihrem Wind weht, noch ist er vollkommenen unabhängig von ihr. So wie der Islam in allen Dingen einen Mittelweg einschlägt, hat er diesen auch in Bezug auf Vorherbestimmung und freien Willen gewählt. Mit anderen Worten: Der Islam hat die wahre Relation zwischen Vorherbestimmung und freiem Willen definiert. Ihm zufolge will und tut der Mensch etwas, woraufhin Gott es dann erschafft.
Ursache und Wirkung sind vom Standpunkt der Vorherbestimmung aus betrachtet untrennbar. Vorherbestimmung bedeutet also, dass diese Ursache jene Wirkung hervorbringen wird. Gleichzeitig wäre es falsch zu behaupten, der Mord an einem Menschen sei kein Verbrechen, da dem Ermordeten zu jener Zeit sowieso der Tod bestimmt war und er infolgedessen zu jenem Zeitpunkt ohnehin gestorben wäre. Dieses Argument wäre haltlos, denn tatsächlich gehört zum Schicksal dieses Mannes nicht nur zu sterben, sondern auch erschossen zu werden. Wenn wir nun also behaupten, er wäre selbst dann gestorben, wenn er nicht erschossen worden wäre, können wir nicht sagen, auf welche Weise der Tod dann eingetreten wäre. Man sollte sich in Erinnerung rufen, dass es nicht zwei Arten von Vorherbestimmung (eine für die Ursache und die andere für die Wirkung) gibt. Es gibt nur eine einzige Vorherbestimmung.
Der Mensch neigt dazu anzunehmen, er selbst unterliege nicht dem Lauf der Zeit. Er glaubt, dass die Vergangenheit, die für ihn eine Kette von Ereignissen darstellt, beschränkt ist und nennt sie Azal (Ewigkeit in der Vergangenheit). Diese Annahme ist jedoch weder wahr noch akzeptabel. Auch dieser heikle Punkt wird uns vielleicht durch ein Beispiel verständlicher:
Man stelle sich einmal vor, einen Spiegel in der Hand zu halten, der auf seiner rechten Seite all das reflektiert, was die Vergangenheit darstellt, während seine linke Seite die Zukunft reflektiert. Solange man dasteht und den Spiegel in der Hand hält, kann immer nur eine Seite widergespiegelt werden; gleichzeitig beide Seiten zu zeigen, ist nicht möglich. Will man trotzdem beide Seiten gleichzeitig reflektieren lassen, muss man sich über seine ursprüngliche Position erheben, sodass rechte und linke Seite miteinander vereint werden und nichts mehr bleibt, was das Erste oder das Letzte bzw. Anfang oder Ende genannt werden könnte. Wie bereits erwähnt wurde, sind Vorherbestimmung und Wissen Gottes in einigen Punkten identisch. In einem Ausspruch des Propheten wird die Vorherbestimmung beschrieben als das Verschmelzen aller Zeiten und Ereignisse in einem einzigen Punkt, in dem das Erste und das Letzte, der Anfang und das Ende sowie das, was geschehen ist, und das, was noch geschehen wird, vereint sind. Auch wir Menschen können uns dem nicht entziehen. Daher können unsere Erkenntnisse über die Zeit und die Ereignisse ebenfalls als ein Spiegel für den Zeitraum der Vergangenheit fungieren.

Der Mensch kann nicht Schöpfer seiner Handlungen sein. Denn würde er seine eigenen Handlungen erschaffen, wäre er deren letzte Ursache, und sein freier Wille würde nicht weiter existieren. Die Logik besagt, dass ein Ding, das nicht notwendig ist, auch nicht existieren wird. Damit etwas eine Existenz erhält, muss eine wirklich vollwertige Ursache vorliegen. Doch wenn diese vollwertige Ursache tatsächlich vorliegt, bleibt für eine freie Wahl kein Platz mehr.
Obwohl der freie Wille des Menschen zu schwach ist, um zu bewirken, dass etwas geschieht, hat der Allmächtige dessen Einsatz zu einer Grundvoraussetzung dafür gemacht, dass Sein universeller Wille wirksam wird. Er führt den Menschen in die Richtung, für die sich der Mensch durch den Einsatz seines freien Willens entscheidet. Daher bleibt der Mensch für die Konsequenzen seiner Entscheidungen verantwortlich. Ein Beispiel: Man nimmt ein Kind auf die Schultern und lässt ihm die freie Wahl, wohin es gerne getragen werden möchte. Es entscheidet sich nun dafür, auf einen hohen Berg getragen zu werden, wo es sich eine Erkältung zuzieht. In diesem Fall hat das Kind kein Recht, uns Vorwürfe zu machen. Man könnte es sogar noch bestrafen, denn es wollte ja schließlich unbedingt auf den Berg hinauf. Auch Gott, der Allmächtige, der Gerechteste aller Richter, zwingt Seine Diener niemals dazu, etwas zu tun. Gottes Wille basiert in gewisser Hinsicht auf dem freien Willen des Menschen.
Zusammenfassend lassen sich sieben Punkte festhalten

Die Vorherbestimmung Gottes, die wir auch als Entscheidung und Gestaltung Gottes bezeichnen können, umspannt zwar das ganze Universum, beraubt den Menschen aber nicht seines freien Willens.
Da Gott außerhalb von Raum und Zeit steht und weil Sein Wissen alles einschließt, vereinigt Er Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft in einem einzigen unteilbaren Punkt. Zum besseren Verständnis dieses Punktes möchte ich einen weiteren Vergleich anführen:
Solange wir uns in einem Raum befinden, ist unser Blick auf diesen Raum beschränkt. Wenn wir aber einen Ort aufsuchen, der hoch genug liegt, können wir von dort aus die ganze Stadt, in der wir leben, überblicken. Je höher wir uns hinauf begeben, desto größer wird unser Blickfeld. Vom Mond aus würde uns die Erde nur so groß wie eine blaue Murmel erscheinen. Mit Zeit und Raum verhält es sich genauso. Die gesamte Zeit und der ganze Raum bedeuten für Gott nichts weiter als einen einzigen unteilbaren Punkt, in dem sich Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft vereinen.
Da Zeit und Raum im Wissen Gottes als ein einziger Punkt existieren, hat Gott alles, was sich bis zum Jüngsten Tage ereignen wird, schon im Voraus aufgezeichnet. Engel bedienen sich dieses umfangreichen ‚Protokolls' und legen für jeden einzelnen Menschen ein eigenes kleines Protokoll an.
Was wir tun, tun wir nicht deshalb, weil Gott aufgezeichnet hat, was wir tun sollen. Vielmehr zeichnet Er unsere Taten auf, weil er im Voraus weiß, was wir tun werden.
Es gibt keine zwei unterschiedlichen Arten von Vorherbestimmung (eine für die Ursache, die andere für die Wirkung). Eine einzige Vorherbestimmung bezieht sich gleichzeitig auf Ursache und Wirkung. Der freie Wille des Menschen als Ursache der Handlungen des Menschen ist Bestandteil der Vorherbestimmung.
Gott leitet uns zu guten Dingen und Taten an. Er erlaubt und rät uns, unsere Willenskraft einzusetzen, um gute Taten zu vollbringen. Im Gegenzug verspricht Er uns ewige Glückseligkeit im Paradies.
Der Mensch verfügt über einen freien Willen. Dieser leistet zwar nur einen sehr kleinen Beitrag zu seinen guten Taten, kann anderseits aber überall dort, wo er eingesetzt wird, tödliche Sünden und Zerstörung hervorrufen. Der Mensch sollte seine Willenskraft also zu seinem eigenen Vorteil nutzen und regelmäßig zu Gott beten, um die Gunstbeweise des Paradieses, das eine Frucht der guten Taten ist, genießen und die ewige Glückseligkeit erlangen zu können. Der Mensch sollte Gott außerdem immer wieder um Vergebung seiner Sünden bitten. Er sollte von bösen Taten Abstand nehmen und sich so vor den Qualen der Hölle, die eine Frucht der schlechten Taten ist, schützen. Das Gebet und das Vertrauen auf Gott stärken die Neigung zum Guten, während Reue und das Bitten um Vergebung die Neigung zum Bösen und zu Übertretungen schwächen.

Mit lieben Grüßen,

Nureddin Öztas